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Das Bundesverfassungsgericht stellte in der Entscheidung vom 19. November 2021– 1 BvR 971/21 – das Grundrecht auf schulische Bildung fest. Dieses Recht auf schulische Bildung ist im Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2 Abs. 1 GG verankert.
Inhalt
1.0 Was umfasst das Recht auf schulische Bildung? 2.0 Aufnahme in die Schule 3.0 Aufnahmeanspruch an Bekenntnisschulen 4.0 Unterricht zuhauseDas Bundesverfassungsgericht stellte in der Entscheidung des Ersten Senats vom 19. November 2021– 1 BvR 971/21 – über die Verfassungsbeschwerden gegen Verbot und Beschränkung von Präsenzunterricht an allgemeinbildenden Schulen zum Infektionsschutz in Gestalt eines Gebots von Wechselunterricht (Wechsel von Präsenzunterricht in der Schule und Distanzunterricht zuhause) oder einer vollständigen Untersagung des Präsenzschulbetriebs das Grundrecht auf schulische Bildung fest. Dieses Recht auf schulische Bildung ist im Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2 Abs. 1 GG verankert.
Dieses Recht auf schulische Bildung umfasst folgende Gewährleistungsdimensionen:
– Es vermittelt den Kindern und Jugendlichen einen Anspruch auf Einhaltung eines für ihre chancengleiche Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten unverzichtbaren Mindeststandards von Bildungsangeboten, enthält jedoch keinen originären Leistungsanspruch auf eine bestimmte Gestaltung staatlicher Schulen.
– Aus dem Recht auf schulische Bildung folgt zudem ein Recht auf gleichen Zugang zu staatlichen Bildungsangeboten im Rahmen des vorhandenen Schulsystems.
– Das Recht auf schulische Bildung umfasst auch ein Abwehrrecht gegen Maßnahmen, welche das aktuell eröffnete und auch wahrgenommene Bildungsangebot einer Schule einschränken, ohne das in Ausgestaltung des Art. 7 Abs. 1 GG geschaffene Schulsystem als solches zu verändern.
– Entfällt der schulische Präsenzunterricht aus überwiegenden Gründen der Infektionsbekämpfung für einen längeren Zeitraum, sind die Länder nach Art. 7 Abs. 1 GG verpflichtet, den für die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen unverzichtbaren Mindeststandard schulischer Bildung so weit wie möglich zu wahren. Sie haben dafür zu sorgen, dass bei einem Verbot von Präsenzunterricht nach Möglichkeit Distanzunterricht stattfindet.
– Bei einer lange andauernden Gefahrenlage wie der Corona-Pandemie muss der Gesetzgeber seinen Entscheidungen umso fundiertere Einschätzungen zugrunde legen, je länger die zur Bekämpfung der Gefahr ergriffenen belastenden Maßnahmen anhalten. Allerdings dürfte der Staat große Gefahren für Leib und Leben am Ende nicht deshalb in Kauf nehmen, weil er nicht genug dazu beigetragen hat, dass freiheitsschonendere Alternativen zur Abwehr dieser Gefahren erforscht wurden.
Die Beurteilung konkrete Schulrechtsfälle wird künftig dieses Recht auf schulische Bildung stets zu bedenken haben.
Eltern suchen für ihre Tochter bzw. ihren Sohn eine Grundschule und später eine weiterführende Schule aus. Mit Vorfreude wird das Kind in der Schule angemeldet, so wie auch die Freundin oder der Freund dort angemeldet werden. Nur: Mit der Anmeldung ist man noch nicht Schüler dieser Schule, erst muss die Aufnahme erfolgen. Diese kann verweigert werden, was zu Enttäuschung und auch Verärgerung, ggfs. Sorge führen kann.
Die Ablehnung der Aufnahme stellt einen belastenden Verwaltungsakt dar, so dass Widerspruch eingelegt und in diesem Rahmen die Entscheidung der Schulleitung überprüft werden kann.
Im Zweifel ist es sicher sinnvoll, kurzfristig rechtlichen Rat einzuholen, wenden Sie sich per E-Mail an Herrn Rechtsanwalt Sion oder rufen Sie in der Kanzlei an.
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+49 (0) 211 3242-74
In seiner Entscheidung vom 21.03.2016 (19 B 996/15) hatte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu entscheiden, ob ein katholischer Junge, der auf einer katholischen Grundschule angemeldet worden war, von dieser dann, wenn mehr Anmeldungen als Plätze vorhanden sind, ungeachtet seiner Religionszugehörigkeit unter Berücksichtigung des Kriteriums Schulweglänge abgelehnt werden durfte, so wie es vom Schulministerium vorgegeben worden war. Dies verneinte das OVG und erklärte damit die Entscheidung der Schulleiterin für rechtswidrig. Zur Begründung führte das Berufungsgericht aus, dass der Junge einen Aufnahmeanspruch unmittelbar aus der Verfassung des Landes NRW habe, weshalb die Rechtsauffassung des Ministeriums unzutreffend sei. Das bedeutet also, dass eine Aufnahme eines katholischen oder auch protestantischen Kindes auf einer Bekenntnisschule nicht unter Verweis auf die Länge des Schulweges (= länger als bei anderen Kindern, die angemeldet wurden) abgelehnt werden darf.
Solange die Schulpflicht gilt, können Eltern nicht entscheiden, ihr Kind nicht in die Schule zu schicken, es vielmehr zuhause selbst oder auch durch Dritte zu unterrichten. Das gilt grds. auch während der Corona-Pandemie.
Eine Ausnahme kann aber u.a. bestehen, wenn das schulpflichtige Kind zu einer Risikogruppe zählt, was natürlich durch ein ärztliches Schreiben nachgewiesen werden muss; dann kann die Verpflichtung entfallen, am Präsenzunterricht teilzunehmen. Noch schwieriger wird es, wenn nicht das Kind, sondern einer der im gleichen Haushalt lebenden Eltern oder Geschwister nachweislich zu einer Risikogruppe gehört und daher besonders gefährdet ist. Auch in einem solchen Fall kann vorübergehend die Pflicht zur Teilnahme am Unterricht in der Schule entfallen.
Wichtig aber: Den Eltern, die sich beharrlich weigern, ihr Kind eine öffentliche Schule oder anerkannte Ersatzschule besuchen zu lassen, ihm stattdessen „Hausunterricht“ erteilen, kann die elterliche Sorge zumindest teilweise entzogen werden. Dies entschied der BGH am 11.09.2007 (XII ZB 41/07).
Hausunterricht ist aber offiziell immer dann möglich, wenn das schulpflichtige Kind wegen Erkrankung daran gehindert ist, länger als 6 Wochen am Stück die Schule oder aber mindestens an einem Tag der Woche über längere Zeit zu besuchen. Hausunterricht kommt auch für Schülerinnen vor und nach der Geburt ihres eigenen Kindes in Betracht, wenn ein Arzt bescheinigt, die Schule nicht besuchen zu können.