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Prüfungen bestimmen ganz regelmäßig über den Erfolg einer Ausbildung, so wirken sie sich auch auf den durch Art. 12 Gg geschützte Freiheit der Berufswahl aus. Für die Durchführung von Prüfungen und deren Bewertungen gelten Regeln, u.a. der Grundsatz der Chancengleichheit, der sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergibt. Dieser Grundsatz beinhaltet auch, dass die Prüfer selbst fair und sachlich sein müssen. Außerdem müssen sie fachlich qualifiziert und unbefangen, nicht voreingenommen sein.
Vergleichbare Prüflinge müssen vergleichbare Prüfungsbedingungen bekommen und es müssen für sie vergleichbare Bewertungsgrundsätze gelten. Das soll der Verwirklichung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Chancengleichheit dienen. Ob zu eigenen Lasten dieses Prinzip verletzt ist oder ob umgekehrt ein Verlangen zu einer Verletzung des Grundsatzes führen würde, bedarf sorgfältiger Prüfung im Einzelfall.
In fast jeder Situation eines Studiums kann das Gebot der Chancengleichheit relevant werden. Das zeigt auch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.06.2016 (6 B 21/16). Bei dieser ging es um die Anerkennung an einer anderen Hochschule erbrachter Prüfungsleistungen als Ersatz für Prüfungsleistungen im aktuellen Studium. Das BVerwG führte dazu – letztlich zu Lasten des Klägers – folgendes aus:
„Die Anerkennung anderweitig erbrachter Prüfungsleistungen berührt nach Auffassung des Senats auch das in Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG verankerte prüfungsrechtliche Gebot der Chancengleichheit. Es verlange, dass für vergleichbare Prüfungen so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungsmaßstäbe gelten. Für das Prüfungsverfahren, d.h. für Form und Verlauf der Prüfungen, müssten einheitliche Regeln gelten, die auch einheitlich angewandt würden; die tatsächlichen Verhältnisse während der Prüfung müssten gleichartig sein. Bevorzugungen und Benachteiligungen einzelner Teilnehmer oder Teilnehmergruppen müssten möglichst vermieden werden, um gleiche Erfolgschancen zu gewährleisten. Jeder Prüfling habe einen Anspruch auf chancengleiche Behandlung im Prüfungsverfahren.
Unterschiedliche Prüfungsbedingungen seien mit dem prüfungsrechtlichen Gebot der Chancengleichheit nur vereinbar, wenn hierfür ein gewichtiger sachlicher Grund bestehe und die Ungleichbehandlung keine ungleichen Erfolgschancen nach sich ziehe. Unterschiedliche Prüfungsbedingungen lägen vor, wenn einem Teil der Prüflinge der Prüfungsstoff vorgegeben werde, während der andere Teil den Prüfungsstoff wählen könne. Dies führe zu ungleichen Erfolgschancen, weil das spezifische Prüfungsrisiko, das mit der Bearbeitung eines nicht selbst gewählten Stoffes verbunden sei, nur für einen Teil der Prüflinge bestehe. Es liege auf der Hand, dass die Möglichkeit, den Prüfungsstoff selbst auszuwählen, bessere Chancen eröffne, die Prüfung zu bestehen und eine gute Note zu erzielen. Entsprechendes müsse für die Anerkennung einer anderweitig erbrachten Prüfungsleistung als Ersatz für eine Prüfung mit vorgegebenem Prüfungsstoff gelten. Die Anerkennung komme nicht in Betracht, wenn damit ein spezifisches Prüfungsrisiko vermieden würde.“
Daraus folgt, dass man sich sehr genau ansehen muss, ob die Prüfungsbedingungen und ob auch die Bewertungsmaßstäbe im Wesentlichen gleich waren. Im Übrigen müssen beide Prüfungsleistungen gleichwertig sein.
Dieser Grundsatz schützt Prüflinge vor überraschenden, seine Prüfungsdispositionen entwertenden, wesentlichen Änderungen seiner Prüfungsbedingungen, wenn ihm eine entsprechende Umstellung billigerweise nicht zugemutet werden kann. Zwar ist es grds. möglich und auch zulässig, dass prüfungsrechtliche Regelungen für eine berufsqualifizierende Prüfung während der Dauer der Ausbildung/des Studiums geändert werden. Es bedarf allerdings Übergangsbestimmungen, die ihrerseits wirksam sein müssen.
Im Zweifel ist es sicher sinnvoll, kurzfristig rechtlichen Rat einzuholen, wenden Sie sich per E-Mail an Herrn Rechtsanwalt Sion oder rufen Sie in der Kanzlei an.
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Verunsichert ein Prüfer durch sein Verhalten und/oder durch Äußerungen den Prüfling so, dass dieser seine wahre Leistungsfähigkeit nicht mehr zeigen kann, ist das Gebot der Fairness verletzt. Im Regelfall wird ein Prüfer für sich in Anspruch nehmen, er habe sich nur kritisch geäußert. Tatsächlich ist harte Kritik nicht verboten, sie muss auch keinesfalls unfair sein. Wenn aber der Prüfer sich zu herabwürdigenden Äußerungen oder Verhaltensweisen hinreißen lässt, wenn der Prüfer sichtlich verärgert ist und sich so äußert, ggf. sarkastische Kommentare gibt, wenn er Grimassen schneidet, spricht viel für ein unfaires Verhalten. Auch ein Prüfling, der einen schlechten Tag an und wenig brauchbare Leistungen zeigt, muss sich nicht gefallen lassen, dass sich der Prüfer über ihn lächerlich macht.
Ob nun die eigene Prüfung fair oder unfair durchgeführt wurde, ist Frage des Einzelfalls.
Jeder kann mal einen schlechten Tag haben oder gerade das Thema einer Prüfung nicht beherrscht haben, so dass es zu einem Prüfungsmisserfolg kommt. Da jede Prüfung dadurch charakterisiert ist, dass zum Prüfungszeitpunkt die erforderliche Leistung erbracht werden muss, ein einmaliges Versagen bei einer Prüfung aber keine Aussage dahingehend erlaubt, dass man zur Erbringung der nötigen Leistung nicht in der Lage ist, ist es von Verfassung wegen geboten, dass die Prüfungsordnung eine Wiederholungsprüfung ermöglichen muss. Das ist auch durchgängig der Fall. In der Regel sehen Prüfungsordnungen nicht nur eine einmalige Wiederholungsmöglichkeit vor, sondern die Möglichkeit, eine nicht bestandene Prüfung auch ein zweites Mal zu wiederholen. Es gibt sogar Prüfungsordnungen in denen die Möglichkeit besteht, wenn der Drittversuch nicht bestanden ist, in einer studienbegleitenden Leistungsüberprüfung eine mündlichen Prüfung abzulegen.
Bei Bachelor oder auch Masterarbeiten gibt es demgegenüber ganz überwiegend nur eine Wiederholungsmöglichkeit. Auch das ist der Verfassung entsprechend.
Die Beschränkung der Wiederholungsmöglichkeit baut auf von Prüfungsmisserfolg betroffenen Studierenden natürlich immer mehr Druck auf. Wenn der letzte Prüfungsversuch ansteht, ist klar, dass dieser bestanden werden muss. Bleibt der Prüfungserfolg erneut aus, ist die Prüfung endgültig nicht bestanden und damit das gesamte Studium, egal in welchem Semester man sich befindet, gescheitert. Wenn aber der Fall einer endgültigen Nichtbestehens und damit das Scheitern des Studiums vorliegt, hat das die gravierende Folge, dass man auch nicht an einem anderen Studienort in der Bundesrepublik Deutschland das Studium neu beginnen kann.